Was treibt uns an?
Lesezeit: ca. 20 Minuten Was treibt uns an? Noch sind Milliarden Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor auf den Straßen unterwegs. Doch das Ende der fossilen Mobilität ist absehbar. In China, Indien, den Niederlanden und Irland werden bereits ab dem Jahr 2030 mit Rücksicht aufs Klima keine neuen Benzin- und Dieselfahrzeuge mehr zugelassen. Und da die konventionellen Ölquellen ihren Höhepunkt bereits überschritten haben, ist klar: früher oder später wird klassischen Verbrennungsmotoren der fossile Treibstoff ausgehen.
Aber was kommt danach? Was wird uns und das Automobil im Jahr 2025 bewegen? Und mit welchen Antrieben werden wir im Jahr 2050 unterwegs sein? Das erkunden wir auf einer Spritztour zu den vielversprechendsten alternativen Speichermedien und Antriebsarten.
STATION 2 – Zwischenstopp beim Wasserstoff-Elektrolyseur
STATION 3 – Aufladen in der Akkufertigung
STATION 4 – Reality-Check im Stromnetz
STATION 5 – Stippvisite beim Handel
STATION 6 – Der Weg nach 2050
EPILOG – Auf der Beschleunigungsspur
STATION 1Im Labor für synthetische Brennstoffe
„Mit E-Fuels bieten sich gigantische Perspektiven.“Tim Böltken, Geschäftsführer des Start-ups Ineratec
Wie wäre es, wenn man Benzin oder Diesel nicht aus fossilem Öl, sondern mit Wind- oder Solarkraft gewönne? Was klingt wie ein technischer Taschenspielertrick, ist das Versprechen der so genannten E-Fuels, die ihren Namen der Kombination aus „Fuel“ (für Kraftstoff“) und „E“ für Erneuerbare Energie verdanken. Zur Gewinnung von E-Fuels wird zunächst mithilfe von Strom Wasserstoff erzeugt und in der Raffinerie mit Kohlendioxid zu Gas, Diesel, Kerosin oder Benzin veredelt. Wird dabei grüner Strom und CO2 aus der Luft verwendet, ist der Herstellungsprozess komplett klimaneutral. Weil die chemischen Eigenschaften dieser synthetischen Brennstoffe sich in nichts von fossilen unterscheiden, lassen sie sich genauso tanken wie herkömmlicher Kraftstoff. Mit E-Fuels müssten weder die 46 Millionen Fahrzeuge auf deutschen Straßen noch die Tankinfrastruktur umgebaut werden, um klimaneutral unterwegs zu sein. Das ist die gute Nachricht.
Die weniger gute: Die E-Fuels-Gewinnung ist enorm energieaufwändig. Laut der Denkfabrik Agora Verkehrswende braucht ein batterieelektrisches Auto für 100 Kilometer Fahrleistung 15 Kilowattstunden Strom, ein mit Wasserstoff betriebenes Fahrzeug bereits 31 und ein mit E-Fuels betriebener Diesel oder Benziner sogar 103 Kilowattstunden. Ökologisch ergäbe das nur einen Sinn, wenn grüner Strom im Überfluss vorhanden wäre. Tatsächlich ist das Gegenteil der Fall. Von den deutschen Autoherstellern setzt mit Audi nur ein einziger auf synthetische Brennstoffe. Die Ingolstädter Marke betreibt im niedersächsischen Werlte eine kleine Anlage, in der mit Ökostrom synthetisches Gas hergestellt wird. Außerdem widmen sich Start-ups wie Ineratec und rund 20 Forschungsprojekte den Potentialen der E-Fuels. Bis die Bio-Kraftstoffe in nennenswerten Mengen Fahrzeuge antreiben werden, ist es noch ein weiter Weg.
„Man kann E-Fuels dem jetzigen fossilen Kraftstoff beimischen und hat damit sofort einen CO2-senkenden Effekt im gesamten Bestand – und nicht nur in den neu verkauften Fahrzeugen.“Volkmar Denner, Vorsitzender der Geschäftsführung, Bosch GmbH
„In der Klimabilanz eines Fahrzeugs mit Verbrennungsmotor, das mit strombasierten Flüssigkraftstoffen betrieben wird, sind die Treibhausgasemissionen rund drei Mal so hoch wie die eines Batteriefahrzeugs mit 35 kWh.“Denkfabrik Agora Energiewende, „Klimabilanz von strombasierten Antrieben und Kraftstoffen“
STATION 2 – Zwischenstopp beim Wasserstoff-Elektrolyseur
STATION 2Zwischenstopp beim Wasserstoff-Elektrolyseur
„Wasserstoff eignet sich für Raketen, nicht für Autos.“ Elon Musk
Wasserstoff habe das Zeug zum Klimaretter, meint Bundesforschungsministerin Anja Karliczek. „Der grüne, importierte Wasserstoff ist das Öl von morgen, allerdings ohne die schädlichen Folgen durch seine Verbrennung.“ Nach Vorstellungen der Bundesregierung solle Deutschland seinen Energiebedarf im Jahr 2050 zu über 50 Prozent aus importiertem Wasserstoff decken, den man in Australien und Afrika mittels Solarstrom gewinnen und nach Deutschland importieren müsste.Auf den zweiten Blick sehen die Aussichten für den Klimaretter jedoch zumindest kurzfristig weitaus trüber aus. Power to Gas-Anlagen sind so teuer, dass sich ihr kurzfristiger Betrieb bei Starkwind nicht lohnt. Drei Viertel der Energie gehen bei der Umwandlung verloren. Und dann sind da noch die Sicherheitsrisiken des explosiven Energieträgers, die im Juni 2019 schlagartig ins Bewusstsein gerückt wurden, als in der Nähe von Oslo eine Wasserstofftankstelle explodierte.
Ganz anders ist es bei stationären Wasserstoff-Brennstoffzellen-Anlagen. In Japan entlasten Hundertausende dezentraler Brennstoffzellen das Stromnetz und produzieren gleichzeitig Wärme; auch als Energiequelle für Industrieanlagen macht Wasserstoff Sinn. Als mobiler Energiespeicher für PKW’s aber ist das Element noch zu teuer, ineffizient und in puncto Infrastruktur und Sicherheit unausgereift.