Easy Rider 2030
Lesezeit: ca. 20 Min. Easy Rider 2030Die neue Generation von elektrisch angetriebenen Zweirädern läutet eine neue Ära der Mobilität ein und entfacht die Gemüter.
1 / Pioniere Unterwegs
2 / Angst-Biker
3 / Marken-Wirrwarr
4 / Urbane Tourenfahrer
5 / Wandel von oben
6 / Das Ende der Gaspedal-Dominanz
7 / Kulturwandel
8 / Elektrisierender Racing Spirit
9 / Freiheit 2030
E-Modellübersicht
Feuer und Flamme für E-BikesIn der Nacht vom 13. auf den 14. März 2019 gingen an der Rennstrecke von Jerez de la Frontera in Spanien achtzehn Motorräder im Wert von über einer Mio. Euro in Flammen auf. Unter normalen Umständen wäre ein solcher Brand nach einem Kurzschluss als Versicherungsschaden verbucht worden. Anders beim Thema Elektromotorrad. Bilder der verkohlten E-Racebikes für den neuen MotoE-World Cup führten in den einschlägigen Facebook-Gruppen zu teils drastischen Kommentaren: „Bravo! Sollen sie den Rest von dem Elektro-Gelumpe gleich mit abfackeln! Loud Bikes rulez forever!“ Die Beiträge kulminierten zu einem wahren Shitstorm.
Offensichtlich fühlen sich viele Biker als Bewahrer – sie lieben die Gesellschaft von Gleichgesinnten und pflegen gerne ihre erprobten Rituale. Fast jeder Motorradfahrer sieht sich bei seiner Tour in den Biergarten in der rebellischen, freiheitsliebenden Tradition von Easy Rider. Doch viele Freizeitrebellen lassen hinsichtlich ihrer Vorstellung von Freiheit wenig Spielraum zu.Es soll sich bitte nichts ändern: schon gar nicht am Motorrad selbst, dem Vergnügungsmobil mit fossilem Antrieb.
1. Station
1. StationPioniere unterwegsDie Zahlen sprechen eine nüchterne Sprache: 2018 wurden in Europa 1.004.063 Motorräder und Roller neu zugelassen, davon waren 7.478 (anteilig 0,75 %) elektrisch angetrieben. Das sind immerhin 81,5 % mehr als im Jahr zuvor. Gleichzeitig entschieden sich in Deutschland bei 156.108 Neufahrzeugen lediglich 620 Käufer (0,41 %) für ein E-Motorrad.
Einer davon ist Marcus Lacroix, Chefredakteur der norddeutschen Motorradzeitschrift „Kradblatt“. Lacroix hat sich im Frühjahr eine Energica EsseEsse9 für 26.000 Euro gekauft und angefangen, von seinen Erfahrungen zu berichten.„Die Reaktion war schon extrem, reihenweise Zorn-Smilies.“, rekapituliert Lacroix das Feedback seiner Lesergemeinde. „Dem gegenüber standen die Wenigen, die so dachten wie ich: Das ist ein Zukunftsmarkt, den muss man sich doch anschauen.“
Sein eigenes Fahrverhalten hat Lacroix schon in wenigen Wochen verändert: „Man stellt sich um, plant anders. Man fährt nach 120 Kilometern eben an einem Schnelllader vorbei und saugt für zwanzig Minuten Strom.“ Aber unterm Strich, so sagt er, habe sich für ihn durch das Elektromotorrad nicht viel verändert. Wenn er von Oldenburg aus schnell zu einem Kunden wolle, liege das immer in Reichweite.
Und am Wochenende? „Mehr als 350 Kilometer mache ich selten an einem Sonntag, und dafür reicht es mit zwei Stopps immer.“ Lacroix berichtet inzwischen weniger über seine E-Abenteuer. Denn bereits die reine Existenz des Fahrzeugs polarisiert.
2. Station
2. Station Angst-BikerEigentlich gibt es ihn nicht, den einen Motorradfahrer. Die Maschinen, die Fahrstile, die Strecken, und vor allem die Personen hinter dem Lenker sind zu verschieden, um sie über einen Kamm scheren zu können. Befindlichkeiten untereinander gibt es genug: Die Supersportler gegen die Offroader, die Streetfighter gegen die Tourenfahrer, die Altrocker gegen die Café-Racer. Schrauber blicken auf Harley-Rechtsanwälte herab, Motorsport-Hooligans auf die Warnwesten-Rentner.
Auch die Leitmotive sind verschieden. Während die Alten wieder „Zen und die Kunst ein Motorrad zu warten“ lesen, schreiben junge Instagramer wie Lea Rieck eigene Bücher über ihre Reise um die Welt. Auf Youtube posten Influencer täglich neue Wheelie-Videos. Einig sind sich viele Motorradfahrer nur in der Sorge um das Fahrvergnügen: Der Biker spürt eine tiefe Angst, dass das Elektromotorrad seinem geliebten Hobby ein Ende bereiten könnte. Denn mit der Brennkammer zwischen den Beinen verschwindet für manchen auch der Traum von der Freiheit: Keine Chance mehr auf die endlos lange Tour, die man sich immer für das kommende Jahr vornimmt. Keine Hoffnung mehr, zumindest auf Zeit in eine andere (Leder-)Haut zu schlüpfen.
Jetzt kommt das E-Bike und der Gedanke schmerzt: Mit dem Ende des Verbrenners werden auch die Entfaltungsmöglichkeiten für das innere Kind eingeschränkt.
3. Station
3. StationMarken-WirrwarrEnergica, der italienische Kleinserienhersteller aus Modena, hat erst im Frühjahr 2015 sein erstes Motorrad verkauft: das Elektro-Superbike Ego. Die EsseEsse9 von Marcus Lacroix geht 2019 gerade mal ins zweite Modelljahr. Doch seit Energica-Maschinen zum Wettbewerbsmotorrad der MotoE – im Rahmen der Königsklasse MotoGP – auserkoren wurden, ist die Marke in aller Munde. Livia Cevolini, die junge CEO, sagt selbstbewusst: „Wir wollen Motorräder bauen, die sexy und innovativ sind, und nur Premiumkunden ansprechen“. Cevolini rechnet mit einer Produktion von 5.000 Maschinen im Jahr 2023.
Unter den Herstellern von Elektromotorrädern findet man naturgemäß viele Exoten wie Energica. Ein Beispiel ist Zero. Die Kalifornier dominieren den amerikanischen Markt und sind auch in Deutschland stark vertreten. Neue Manufakturen und Start-Ups wie Arc Vector oder Curtiss tauchen im Monatsrythmus auf. Richtig unübersichtlich ist die Szene bei den E-Scootern und -Rollern, die meist in China hergestellt werden. In der Hamburger Hafencity zum Beispiel bietet ein Verleiher eine typische E-Zweiradflotte zur Miete an: Niu, Kumpan, Doohan, Meijs, Zero, Scrooser, Soco und so weiter. Teilweise sind bis zu einem Dutzend wechselnde Marken im Angebot. Mit der Legalisierung und Regelung von E-Rollern in Deutschland kommt zusätzlich Bewegung in den Markt.
Langsam steigen auch die etablierten Hersteller ein: Japanische Unternehmen wie Yamaha und Honda drängen ebenso auf den europäischen Markt wie Kymco aus Taiwan. Harley-Davidson, die Herzmarke aller Easy Rider, liefert ab Ende 2019 die elektrifizierte LifeWire aus. Ducati redet von zukünftigen sportiven E-Motorrädern und verkauft schon einmal das MIG-RR E-Mountainbike. Auch in München, im Headquarter von BMW Motorrad, laufen die Planungen für eine nicht-fossile Fahrzeugflotte auf vollen Touren.
4. Station
4. StationUrbane TourenfahrerDie unangefochtene Bestsellerin auf dem deutschen Motorradmarkt ist die R 1250 GS von BMW. Die Münchner Motorradbauer verkaufen pro Jahr zuverlässig zwischen 6.000 und 8.000 Stück. Die Käufer lieben die große Enduro als „Allrounder“: Sie gilt als ideale Reisemaschine und schultert Berge von Gepäck. Gleichzeitig verbreitet die GS das Flair, um die Welt und durch jedes sibirische Flussbett fahren zu können.
Markus Lederer ist bei der Zweiradsparte von BMW verantwortlich für die Strategie und Weiterentwicklung des Geschäftsfelds Motorrad. Lederer soll die Sparte durch eine Zukunft lotsen, die sich für die einen wie ein Unwetter am Horizont zusammenbraut, während andere die aufgehende Sonne am Himmel sehen. Paris, London, Amsterdam und italienische Metropolen wollen in zwei bis vier Jahren damit beginnen, Verbrennungsmotoren und Motorräder auszusperren. Das Ziel: Ab 2030 will man nur noch Elektrofahrzeuge in die Innenstädte lassen. Deutsche Metropolen werden folgen. Es betrifft dann rund 4 Mio. deutsche Krafträder. „Natürlich arbeiten wir sehr intensiv an einer Strategie für den urbanen Bereich“, sagt Lederer. Er verweist auf die urbanen Fahrzeuge wie den akkubetriebenen C evolution-Roller und den kleinen E-Scooter X2City. Gedanklich sind die Münchener Strategen und Entwickler allerdings schon sehr viel weiter.
Der radikale Wandel hin zum Elektroantrieb hatte sich in München schon 2016 angekündigt, bei der Vorstellung der „Vision Next 100“, einer Designstudie zum BMW Motorrad der weiten Zukunft. Zum Motor der Maschine schrieb Chef-Designer Edgar Heinrich damals: „In Form und Ausführung erinnert er an den traditionellen Boxermotor, beherbergt jedoch die inzwischen emissionsfreie Antriebseinheit.“ Vor wenigen Tagen haben Heinrich und Lederer mit einer brillanten Studie nachgelegt: Die Vision DC Roadster hat einen Akku in Form des ikonischen Boxermotors, der E-Motor sitzt dort, wo früher das Getriebe war. Gekoppelt ist das visionäre Design mit historischen BMW-Ingredienzien wie dem offenen Kardan-Antrieb.
Produktionstechnisch wäre BMW durchaus in der Lage, die Vision DC Roadster in vier oder fünf Jahren auf die Straße zu bringen. Will man aber nicht: Solange die Politik die Spielregeln nicht ändert und der Markt nicht in hohen Stückzahlen danach verlangt, verkauft man in München lieber die wesentlich profitablere GS. Und verweist darauf, dass die Vision DC Roadster in zehn Jahren sicher einen besseren Start haben wird – mit effizienteren Akkus und weiter reduziertem Gewicht.
Lederer sieht in der gesellschaftspolitischen und technischen Entwicklung, die den Motorradherstellern in den kommenden Jahrzehnten eruptive Verwerfungen bescheren werden, harte Herausforderungen, aber auch große Chancen: „Wenn das Motorrad emissionsfrei fährt, digital vernetzt ist und gleichzeitig die gleichen emotionalen Kräfte weckt wie bisher, kann unsere Branche unterm Strich stark profitieren.“
5. Station
5. StationWandel von obenIm engeren Stadtgebiet der chinesischen Metropole Shanghai wohnen rund 15 Mio. Menschen, die ständig unterwegs sind. Für bis zu 30 Prozent der täglichen Verkehrsbewegungen benutzen die Bewohner solcher Ballungszentren elektrisch angetriebene Zweiräder –Scooter, Roller oder selten Motorräder.
Der Verkauf der beliebten Zweitaktern und Mopeds mit kleinem 4-Takt-Motor wurde im Großraum Shanghai schon 1996, das Fahren ab dem Jahr 2003 verboten: schlechte Luft, Verkehrslärm und Platzbedarf waren die Gründe, die Nutzung einzuschränken. Heute sind schätzungsweise 350 Mio. E-Zweiräder in China auf der Straße. Die Erfolge der drastischen Umrüstung, parteilich verordnet und umgesetzt, sind frappierend: An den Promenaden am Huangpu River ist Flanieren inzwischen wieder eine Freude – die Zweiräder gleiten fast lautlos vorbei. Selbst global hat die chinesische Elektrifizierung messbare Folgen: Nach einer niederländischen Studie wurden im Jahr 2017 durch alle Elektrofahrzeuge weltweit 29 Mio. Tonnen CO2 eingespart. Für 80 Prozent davon waren die chinesischen E-Zweiräder verantwortlich.
Dass die chinesischen E-Scooter und -Roller, die mit 25 bzw. 45 km/h langsam unterwegs sind, ein Renner geworden sind, liegt auch am Preis: Umgerechnet 300 Euro muss der Käufer für ein gutes Neufahrzeug berappen – gerne auch in Ratenzahlung. Im Vergleich: Eine importierte deutsche GS kostet in Shanghai rund 40.000 Euro. Eine Lizenz, um in das Stadtgebiet einfahren zu dürfen, schlägt mit zusätzlichen 25.000 Euro zu Buche.
6. Station
6. StationDas Ende der Gaspedal-Dominanz„Tempo zwanzig wird in nicht allzu ferner Zukunft das Maß aller Dinge im urbanen Verkehr sein“, sagt Heiner Monheim. Monheim ist Geograph, Verkehrsexperte und beschäftigt sich seit Jahrzehnten mit Fragen der urbanen Raumentwicklung. Er kennt natürlich das Beispiel Shanghai, und schätzt, dass die dortige Entwicklung hier mit zehn bis zwanzig Jahren Zeitverzögerung ankommen wird.
Monheim geht davon aus, dass ab dem Jahr 2030 der Großteil des Verkehrs in deutschen Städten ohne die bisher vorherrschenden Verbrennungsmotoren stattfindet: „E-Scooter, Elektromotorräder, ja. Aber die Vorstellung, dass sich in einer Dekade noch private Automobile, riesige SUVs oder Motorräder mit fossilem Antrieb durch die Städte stauen, ist absurd.“ Monheim ist kein Unglücksprophet. Er stützt sich bei seinen Prognosen auf Daten, politische Rahmenvorgaben aus Brüssel und neuerdings auch auf technische Vorgaben des angestrebten autonomen Fahrens: „Der nötige permanente Datenaustausch selbst bei schnellem G5-Mobilfunk kommen bei 20 km/h Geschwindigkeit an seine Grenzen. Die bisherige Dominanz von schnellen Fahrzeugen wird also verschwinden. Wunderbar, so ein Shared Space.“
Dass mit dem Verzicht auf den Verbrennungsmotor auch das Grundrecht auf Mobilität beschädigt werden könnte, stört Monheim nicht. Er argumentiert, dass selbst das vollautonome Fahren im Kern noch selbstbestimmt sei:„Sie wählen Ihr Ziel, Ihren Weg, Ihr Fahrzeug. Sie haben nur kein Anrecht mehr auf individuelle Geschwindigkeit. Der Verzicht auf ein eigenes Automobil oder ein Motorrad liegt also weit jenseits der Freiheitsberaubung.“ Die sonntägliche Motorradtour, das zweckbefreite Cruisen mit dem Wind in den Haaren, das hat aus Monheims Sicht auch in Zukunft noch seinen Platz, jedoch zu anderen Konditionen: “Das motorisierte Flanieren und das Fahren um des Spaßes willen, das wird Ihnen wohl erhalten bleiben – nur mit anderen Motorrädern und zu einem anderen Preis.“
7. Station
7. StationKulturwandel!In Berlin-Mitte, in Friedrichshain und in Neukölln stehen sie an jeder Ecke: knallrote E-Schwalben, die elektrifizierten Nachbauten des stinkenden Zweitakters aus DDR-Zeiten. Noch 1985 konnte sich niemand vorstellen, dass die sozialistischen Basisfahrzeuge jemals verschwinden würden. Fünf Jahre später: Das jähe Ende. Die neuen Schwalben erreichen mit 45 km/h vor allem ein anderes Publikum, ohne Motorradführerschein: „Klar, wir hatten mit den Emmys erst einmal die Mittzwanziger auf dem Weg zur Party-Location im Visier, aber jetzt ufert das gut aus. Inzwischen fährt auch der Mittvierziger, der Pendler, mit uns in die Stadtmitte“, so Valerian Seither.
Seither ist Anfang dreißig und der typische Startup-Gründer: 2015 durchgestartet mit einem Co-Gründer, mehreren Investoren und der Idee, in Berlin 150 Mietroller anzubieten. Inzwischen hat das Unternehmen Emmy über 2000 E-Mopeds in den Sharing-Flotten für vier deutsche Städte. Die Konkurrenz zieht nach, auch aus dem Umfeld von Großunternehmen: In Berlin ist Coup auf dem Markt, eine Tochter des Bosch-Konzerns. Coup hat auch schon Niederlassungen in Madrid und Paris. Bosch, der bisherige Zulieferer der Fahrzeughersteller wird europaweit zum Flottenanbieter.Die Kunden lieben die Sharing-Flotten: Die monatliche Anzahl der gefahrenen Kilometer steigt insgesamt an. Und ebenso schnell ändert sich das Verhalten. Viele Sharing-Nutzer haben bereits ein Ticket für Car-Sharing und dabei gelernt, dass es in einem elaborierten, großstädtischen Verkehrsverbund zunehmend unattratkiver wird, ein eigenes Fahrzeug zu besitzen.
Das unterscheidet den modernen Emmy-Ausleiher vom klassischen Motorrad-Klientel. Die Markentreue ist passé. Aber Herzblut fließt weiterhin, bekräftigt Seither: „Der typische Emmy-Fahrer will möglichst kosteneffizient von Punkt A nach Punkt B, aber gleichzeitig gefällt ihm die Anmutung der E-Schwalbe.“
8. Station
8. StationElektrisierender Racing SpiritRandy de Puniet ist das, was Motorsport-Fans gerne einen Haudegen nennen. Der Franzose fuhr in der Königsklasse MotoGP. De Puniet war beliebt durch überraschende Erfolge und allseits bekannt für seine spektakulären Stürze. 2014 beendete er seine aktive Laufbahn. Jetzt ist de Puniet wieder da, zur Freude seiner Fans. Für den LCR Honda-Rennstall fährt er in der neuen MotoE-Klasse. Energica hat es in Rekordzeit geschafft, die im März in Jerez verbrannten Maschinen neu aufzubauen und zu ersetzen. Im Juli 2019 wird die neue Rennserie auf dem deutschen Sachsenring offiziell ins Leben gerufen.
Randy de Puniet freut sich auf die E-Bike-Rennen. Die ablehnende Haltung der meisten Fans kann er nicht verstehen. Elektromotorräder sieht er als großen Spaß für sich und die anderen Rennfahrer, und dass mit der Energica ein Einheitsmodell für alle Teams am Start ist, spornt ihn an: So gibt es eine Chancengleichheit zwischen den unterschiedlich bemittelten Rennställen im Paddock. Nicht das Geld und die Technik siegen, sondern der schnellste Fahrer gewinnt. Auf laute Motoren und vor allem lange Renndistanzen kann Randy de Puniet gut verzichten: „Ich sehe das eher positiv. Keine Stallorder, kein Taktieren, kein Reifenschonen. Raus auf die Strecke, alle Kraft voraus, zehn Runden volle Pulle. E-Racing ist Freiheit pur.“
Freiheit 2030
Freiheit 2030 Elektromotorräder, E-Scooter und Pedelecs sind im Jahr 2030 vergleichsweise billig. Sie waren Anfang der zwanzigzwanziger Jahren noch relativ exotisch, doch seit die Reichweiten sukzessiv erhöht und europaweit die innerstädtischen Bereiche für private PKWs komplett gesperrt wurden, ist ihr Siegeszug nicht mehr aufzuhalten. Die neuen Massentransportmittel verändern die städtische Dynamik und Verkehrsstruktur und vor allem die Gewohnheiten ihrer Nutzer. Privatbesitz von Mobilität ist kein erstrebenswertes Gut mehr.
Dazu hat auch der harte Wettbewerb zwischen alten, etablierten Motorradbauern wie BMW und einer Vielzahl von neuen Dienstleistern und Start-ups beigetragen: Inzwischen sind die Sharing-Systeme, Serviceleistungen und Leihprodukte kundenorientiert, zuverlässig und effizient. Und die neuen Premium-Elektromotorräder sind atemberaubend sexy: Was sich mit Zero, Energica oder Arc Vector zart andeutete und mit der BMW-Studien wie der Vision DC Roadster richtig Gestalt annahm, haben eine junge Generation von Racern, Motorradentwicklern, Customizern und Dienstleistungsdesignern etabliert. Die Motorradbranche hat sich vom Verbrenner emanzipiert, mit radikal neuer Optik statt Retro, digital eingebundener Kleidung als Zugabe, lebenden Communities, neuen Biker-Tribes und neuen Zielen am Horizont.
E ist populär, seit es neue Formate und neue Helden gibt. Die Idee, unverbesserliche Petrolheads mit der MotoE abzuholen, war schnell zu den Akten gelegt. Doch dann wurde 2023 die E-XCross Champions League gegründet. Nach den ersten Duellen von Marquez, Rossi, de Puniet und Co. vor mehr als 90.000 Fans im Stadion Camp Nou in Barcelona war klar: Mit E-Bikes, da geht der Spaß weiter. Aber eben anders.
Überblick
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Wohin die Reise beim autonomen Fahren geht. Eine aktuelle Wegbestimmung der Jahre 2020 und 2030.
Intelligente Bürger, lernende Stadt
Wie Städte überall auf der Welt will San José das Leben seiner Bürger mit digitalen Technologien angenehmer, sicherer und nachhaltiger gestalten.
Text von:
Jochen Vorfelder lebt und arbeitet in Hamburg. Der Freie Autor schreibt seit Jahrzehnten über Technik- und Umweltthemen für Fachzeitschriften, Motorradmagazine, G+J-Publikationen und Spiegel Online.
BMW Vision Next 100Am weiten HorizontFlexframe – der Rahmen lenkt mit, emissionsfreie Antriebseinheit, ein variables Reifenprofil, das sich aktiv an den jeweiligen Untergrund anpasst, Self Balancing-Stabilisierungssystem, Visor statt Cockpit, ohne Helm und andere Schutzbekleidung, Sensoren in der Fahrerausstattung – normalerweise schaut BMW bei der Fahrzeugentwicklung fünf bis zehn Jahre in die Zukunft. Mit der Vision Next 100 geht der Blick jedoch noch deutlich weiter. Chefdesigner Edgar Heinrich erklärt: „Die VISION NEXT 100 vereint das Beste der digitalen und der analogen Welt. Sie bietet das maximale emotionale Erlebnis – The Great Escape.“
BMW C evolution RollerEleganter BürobegleiterIn Frankreich und Spaniens Großstädten, wo die Pendler gerne Prestige-Roller fahren, ist der erste Baustein von BMWs „elektrischem Mobilitätskonzept“" wohlwollend aufgenommen worden. In Deutschland fehlt es noch an der Akzeptanz – das kann auch mit dem hohen Preis zusammenhängen.
Leistung: 35 kW max.
Drehmoment: 72 Nm
Geschwindigkeit: 129 km/h
Urbane Reichweite: 160 km
Ladezeit je nach Anschluss: 3:30 bis 4:30 Std
Preis: 14.150 Euro
Niu NGTSmart CitylinerNiu ist einer der größten E-Roller-Hersteller in China und verbaut für die Exportflotte hochwertige Komponenten wie z. B. Bosch-Motoren und Panasonic-Zellen. Der NGT ist das Flagschiff der Modellreihe und digital vernetzt: Die Niu-App kann den Scooter nach einem Diebstahl verfolgen.
Leistung: 3 kW
Geschwindigkeit: 70 km/h
Urbane Reichweite: 135 km
Batterie: zwei 60 V × 35 Ah-Akkupacks
Preis: 4.499,00 Euro
Energica EsseEsse9Bella FiguraItalienisches Design, hochwerte Bau-Komponenten, viele elegante Detail-Lösungen und optimale Ladetechnik: Der Kleinserienhersteller Energica aus Modena bewegt sich selbstbewusst in einem Käufer-Segment, in dem nicht der Preis, sondern das Statement die tragende Rolle bei der Kaufentscheidung spielt.
Leistung: 80 kW max. Drehmoment: 180 Nm
Geschwindigkeit: 200 km/h
Batteriekapazität: 13,4 kWh
Reichweite Landstraße: 135 km Ladezeit je nach Anschluss: 20 Min bis 3:30 Std
Preis: ab 24.000 Euro
Vespa ElettricaKult unter StromWas vor über 70 Jahren mit einem biederen Zweitakter begann, hat sich inzwischen zur italienischen Zweiradlegende entwickelt. Jetzt wird die Vespa elektrisch. Für Fans des entspannten Flanierens ein Muss, aber Achtung, Fortschritt hat seinen Preis: Der 50 ccm-Viertakter kostet bisher nur die Hälfte.
Geschwindigkeit: 45 km/h
Urbane Reichweite: 100 km
Ladezeit je nach Anschluss: max. 4:00 Std
Preis: 6.390 Euro
Arc VectorSammlerstück aus WalesArc's Gründer Mark Truman, früher bei Jaguar, hat den Produktionsstart der Vector in einer walisischen Manufaktur fürs Jahr 2020 angekündigt. Wenn der Protoyp in Serie geht, hat die Vector außergewöhnliche Features wie Karbonrahmen und -Hinterradschwinge. Nur 399 Exemplare sollen gebaut werden.
Geschwindigkeit: 200 km/h
Reichweite Landstraße: 193 km
Kombinierte Reichweite: 436 km
Preis: £ 90.000
Curtiss HeraHot Rod GöttinCurtiss hieß früher Confederate, aber baut seit 2018 nur noch Elektromotorräder. Hera ist die Hommage an die V8-Rennmaschine des legendären amerikanischen Konstrukteurs und Racer Glenn Curtiss (+1930). Der Hera kann bestellt und angezahlt werden, Liefertermin ist angeblich 2020. Details sind nicht bekannt.
Harley-Davidson LifeWireSilent Heavy Metal Ausgerechnet Harley-Davidson, der Gralshüter des Freiheits-Mythos Motorrad, bringt nun die elektrische LifeWire auf den Markt. Während H-D viele Details wie Drehmoment und Batteriekapazität noch unter Verschluss hält, schwillt die Diskussionslautstärke unter den Fans der amerikanischen Kultmarke bereits erheblich an.
Lieferbar ab: 4. Quartal 2019
Null auf 100: 3,0 Sek
Reichweite Landstraße: 140 km
Ladezeit je nach Anschluss: 40 Min. bis 6:00 Std.
Preis: ab 32.995 Euro
E-SchwalbeFlotter VogelDie E-Schwalbe ist eine verwegene Moped-Mischung aus sozialistischer Zweitakt-Tradition und modernem Elektroroller. Hoher Kultstatus ist garantiert; im Fahrbetrieb eher gutmütig, zieht sie bis 45 km/h flott durch. In Berlin wird die E-Schwalbe vom Verleiher Emmy in der Sharing-Flotte eingesetzt.
Leistung: 4 kW
Geschwindigkeit: 45 km/h
Urbane Reichweite: 60 km
Ladezeit je nach Anschluss: 1:00 bis 4:30 Std
Preis: ab 5.590 Euro
ZERO SR/FHübsch freigelegtDie ZERO SR/F ist das erste richtig ansehnliche Fahrzeug des amerikanischen Herstellers; das „Naked Bike“ kann mit der Optik moderner Verbrenner mithalten. Die Fahrdaten sind beeindruckend. Bei der Beschleunigung ist die Benzin-Mittelklasse geradezu ausgebremst. Wenn da nur nicht die geringe Reichweite wäre ...
Leistung: 82 kW max.
Drehmoment: 190 Nm
Geschwindigkeit: 200 km/h
Batteriekapazität: 14,4 kWh
Reichweite Landstraße: 140 km
Ladezeit je nach Anschluss: 1:00 bis 4:30 Std
Preis: ab 20.490 Euro
BMW X2City E-ScooterDer Roller-SUVBMW Motorrad sieht im E-Stehroller X2City ein ideales Gefährt für den Stadtverkehr: „Das urbane Fahrzeug für die Last Mile.“ Der Ansatz ist lobenswert. E-Scootern wird zukünftig eine große Rolle im urbanen Raum zugeschrieben. Optisch wirkt der X2City vielleicht etwas aufgeplustert, aber BMW baut eben gerne SUVs.
Geschwindigkeit: 20 km/h
Batteriekapazität: 408 Wh
Urbane Reichweite: 25 km
Ladezeit: 2:30 Std.
Preis: 2.399 Euro
BMW Vision DC RoadsterNaked Bike unter StromEin modernes Naked Bike, realisierbar in vier oder fünf Jahren. Greift rund um den E-Antrieb modernste Technik auf und paart das emotionsgeladene Design mit historischen BMW-Ikonen wie dem offenen Kardan. „Form follows Function“ gilt auch beim E-Bike: Wie schon beim Boxermotor der BMW R 32, die 1923 entwickelt wurde, werden die zu kühlenden Elemente (neuerdings die Akkus) in den Fahrtwind gestellt.
Ducati MIG-RRWaffe im WeinbergTeuer und edel. Anders gesagt, die hohe Schule der E-Bikes fürs italienische Gelände. Für Ducati ist dieses Projekt das erste E-Mountainbike im Portfolio, aber die zweite Kooperation mit einem italienischen Fahrradhersteller. Man sammelt Erfahrung und tastet sich langsam vor in Richtung Zielgruppen für ein sportliches E-Motorrad, made in Bologna.
Unterstützte Geschwindigkeit: 25 km/h
Antrieb: Shimano Steps E8000
Batteriekapazität: 504 Wh
Ladezeit: max. 5:00 Std.
Preis: 6.250 Euro