Vom Mehrwert der Werte
Text: Harald Willenbrock | Lesezeit: ca. 18 MinutenVom Mehrwert der WerteWie ein bayrischer Mittelständler nach jahrhundertealten Werten wirtschaftet – und was sich heute von ihm lernen lässt. Neun Fragen an die Benediktinerabtei Sankt Bonifaz.
KAPITEL 1 – Werte jenseits von Geld
KAPITEL 2 – 1500 Jahre altklösterliche Regeln
KAPITEL 3 – Überzeugungen leben
KAPITEL 4 – Trotz oder wegen Werteorientierung
KAPITEL 5 – Gemeinsamkeiten
KAPITEL 6 – Die Benediktsregel
KAPITEL 7 – Was kann man lernen
KAPITEL 8 – Manager im Kloster
KAPITEL 9 – Die Reise
KAPITEL 2 – 1500 Jahre altklösterliche Regeln
KAPITEL 3 – Überzeugungen leben
KAPITEL 4 – Trotz oder wegen Werteorientierung
KAPITEL 5 – Gemeinsamkeiten
KAPITEL 6 – Die Benediktsregel
KAPITEL 7 – Was kann man lernen
KAPITEL 8 – Manager im Kloster
KAPITEL 9 – Die Reise
Was tun wir eigentlich? Wofür arbeiten wir? Welchen Sinn macht unsere Arbeit abgesehen vom Geldverdienen? Fragen, wie diese bewegen Menschen seit jeher. Aber heute, in einem Zeitalter voller Möglichkeiten, stellen sie sich umso dringlicher.
„Heutzutage stellt die Generation Y die Frage nach dem ‚Warum?‘ erneut. Die meisten Unternehmen aber sind mit dieser Frage völlig überfordert. Auch an den Universitäten werden die Absolventen auf die Frage nicht vorbereitet.“Prof. Alexander Brink, Wirtschaftsethiker, Universität Bayreuth
Wie gehen Unternehmen mit Werten jenseits des reinen Geldwerts um?
EINS // Wie gehen Unternehmen mit Werten jenseits des reinen Geldwerts um? Es gibt durchaus überzeugende Antworten auf diese Frage. Manche von ihnen sind bereits Jahrhunderte alt. Die Suche nach ihnen führt unter anderem in die Klosterszene Bayerns und zu den Benediktinermönchen.
Die Benediktinerabtei St. Bonifaz in Andechs ist ein Kloster mit zurzeit 16 Mönchen, geleitet von Abt Johannes Eckert. In der Münchener Maxvorstadt betreibt die klösterliche Gemeinschaft unter anderem eine Obdachlosenküche, in der bis zu 200 Obdachlose am Tag mit einer warmen Mahlzeit versorgt werden. Das Geld für diese Arbeit, für den Erhalt des Klosters und den Lebensunterhalt der Mönche wird eine knappe Autostunde weiter südlich, im oberbayrischen Ort Andechs erwirtschaftet. Auf dem sogenannten „Heiligen Berg“ brauen Mönche des 1455 gegründeten Klosters Andechs seit Jahrhunderten Bier.
Heute ist die Wallfahrtskirche auf dem Heiligen Berg einer der stärksten Publikumsmagnete Bayerns. Jahr für Jahr reisen und pilgern mehr als 900.000 Menschen zum Kloster Andechs. Viele von ihnen kaufen danach im Klostershop Bücher, Marienbilder und andere Souvenirs, stärken sich im Bräustüberl des Klosters, trinken Bier aus der Andechser Klosterbrauerei und spülen auf diese Weise Geld in die Kassen des Klosters. Mit ihren gut 200 Mitarbeitern erwirtschaften die Andechser Klosterbetriebe jedes Jahr einen zweistelligen Millionenumsatz zugunsten der Abtei.
Denn die Benediktiner erhalten kein Geld aus der Kirchensteuer, sondern müssen ihren Lebensunterhalt, wie es ihr Ordensgründer Benedikt von Nursia vorgab, „mit ihrer eigenen Hände Arbeit“ verdienen.Ohne die Einnahmen ihrer Betriebe wäre das Kloster nicht überlebensfähig.Auf den ersten Blick sind die Andechser Klosterbetriebe also eine gewinnorientierte Geldmaschine wie andere Unternehmen auch.
Auf den zweiten Blick folgt dieser Betrieb einer anderen Logik. Denn die Brüder der Abtei leben, arbeiten und wirtschaften nach den Regeln des Ordensgründers Benedikts von Nursia (ca. 480–547).
Wie zeitgemäß sind 1500 Jahre altklösterliche Regeln heute noch?
ZWEI // Wie zeitgemäß sind 1500 Jahre altklösterliche Regeln heute noch?Abt Johannes, CEO des Kloster Andechs, im Gespräch
Benedikt von Nursia war ein italienischer Einsiedler, Abt und Vordenker. Auf seine Regula Benedicto geht der Benediktinerorden zurück. Zu den zentralen Elementen der von ihm verfassten Regeln gehören der Verzicht auf Eigentum, Schweigen, Demut, Keuschheit, Gehorsam und ein maßvolles Leben. Verfasst wurden sie vor rund 1570 Jahren. Und dennoch gelten sie manchen als hochaktuell.
„Die Begriffe der Benediktinerregel – Demut, Gehorsam, Achtung vor dem Menschen, Dienen statt Herrschen – mögen für manchen etwas altmodisch klingen. Tatsächlich aber stehen sie für flache Hierarchien, Kollaboration und agiles Arbeiten – all die Dinge, die heute total en vogue sind.“Prof. Alexander Brink, Institut für Philosophie, Universität Bayreuth
Wie lebt ein klösterlich geprägtes Unternehmen seine Überzeugungen im Spannungsfeld zwischen Gegenwart und Zukunft?
DREI // Wie lebt ein klösterlich geprägtes Unternehmen seine Überzeugungen im Spannungsfeld zwischen Gegenwart und Zukunft?Christian Rieger, kaufmännischer Leiter der klösterlichen Wirtschaftsbetriebe in Andechs
Dieser „andere Weg“ ist für Mitarbeiter des Klosters nirgendwo niedergeschrieben. Die Arbeitsverträge der Klosterbetriebe Andechs sehen ähnlich aus wie in anderen Betrieben auch. Man muss kein Mitglied der Kirche und nicht einmal Christ sein, um Angestellter der Andechser Klosterbetriebe zu werden. Tatsächlich sind unter den Mitarbeitern auch erklärte Atheisten und Muslime.
Es ist eher ein gemeinsamer Wertekanon, eine unausgesprochene Vision, die die 230 Mitarbeiter der Andechser Klosterbetriebe vereint. Grob umschreiben ließe sie sich so: Unser Ziel ist es, wie bei anderen Unternehmen auch, Gewinn zu erwirtschaften. Aber das ist bei Weitem nicht der einzige Sinn und Zweck unseres Unternehmens. Dieser Mehr-Wert macht den entscheidenden Unterschied.
Ein Beispiel ist die Klosterbrauerei Andechs am Fuße des Heiligen Bergs, die umsatzstärkste unter den klösterlichen Betrieben. Rund 100.000 Hektoliter Bier werden hier jedes Jahr gebraut, acht Sorten sind im Angebot. 95 Prozent der Produktion verkauft die Brauerei jenseits von Andechs.
Alexander Reiss ist ihr Betriebsleiter. Der gelernte Bierbrauer hat in einer ganzen Reihe von Braubetrieben gearbeitet, bevor er zur Andechser Klosterbrauerei wechselte. Ein klares Kennzeichen des klösterlichen Betriebes liegt für ihn im maßvollen Wachstum.
Eine der wesentlichen benediktinischen Regeln lautet, den Dingen Zeit zu geben. So kann es in der Klosterbrauerei tatsächlich etwas länger dauern, bis ein Produkt neu am Markt eingeführt wird.
Selbst in der Leitwarte der Klosterbrauerei wacht ein Kruzifix über die Mitarbeiter. Spielt der Glaube im täglichen Leben der Bierbrauer tatsächlich eine spürbare Rolle?
Ein wesentlicher Unterschied zu konventionellen Betrieben besteht in den kleinen und großen Dingen, die der Andechser Klosterbetrieb nicht tut. So sieht die Klosterregel abendliche Stille im Kloster vor. Das letzte Bier im Braustübl wird daher um Punkt 20 Uhr ausgeschenkt – zu einer Uhrzeit, wo in anderen Kneipen gerade erst die Happy Hour beginnt.
Ein anderes Beispiel ist der Vertrieb des Andechser Bieres.Mit ihrem Produkt sind die Mönche in einem schrumpfenden Markt unterwegs, in dem selbst große Marken mit Kampfpreisen Umsatzzuwächse zu erzielen suchen – auf Kosten von Markenimage und Gewinnmarge.
Die Andechser gehen einen anderen Weg.So beschreibt es Wolfgang Schäff, Vertriebsleiter der Klosterbrauerei.
Für Andechs zahlt sich der Verzicht auf „schnellen Umsatz“ aus.
Verdient ein werteorientiertes Unternehmen eigentlich trotz oder wegen seiner Werteorientierung Geld?
VIER // Verdient ein werteorientiertes Unternehmen eigentlich trotz oder wegen seiner Werteorientierung Geld?
„Werteorientierung steigert zwar nicht unbedingt immer die Performance eines Unternehmens, aber sie sichert es gegen Reputationsschäden und Strafen ab. Sich um die Umsetzung von Werten zu bemühen und ein Leitbild mit Leben erfüllen zu wollen, ist wie eine Art Versicherungsprämie, die einem vor einem wirtschaftlichen Totalschaden schützt.“Prof. Thomas Schwartz, Wirtschaftsethiker, Universität Augsburg
Welche Gemeinsamkeiten gibt es zwischen weltlichen Unternehmen und einem Kloster wie Andechs?
FÜNF // Welche Gemeinsamkeiten gibt es zwischen weltlichen Unternehmen und einem Kloster wie Andechs?
Eine Gemeinsamkeit ist augenfällig: Hier wie dort gibt es Konflikte. So lieferten sich die Andechser Mönche jahrelang eine gerichtliche Auseinandersetzung mit der ortsansässigen Biomolkerei um die Rechte an der Marke Andechs.Und mit dem populären Cellerar der Abtei, Anselm Bilgri, schied Abt Johannes Eckert im Streit. Bilgri verließ den Konvent 2003 und gilt dort seither als persona non grata. Für Abt Johannes sind Konflikte kein Zeichen eines Scheiterns, sondern Teil des Klosteralltags. Die Frage sei nur, wie man mit ihnen umgehe.
Was lässt sich konkret aus der Benediktsregel lernen?
SECHS // Was lässt sich konkret aus der Benediktsregel lernen?
Gibt es umgekehrt etwas, das Klöster wie die Andechser Abtei von „normalen“ Unternehmen lernen können?
SIEBEN // Gibt es umgekehrt etwas, das Klöster wie die Andechser Abtei von „normalen“ Unternehmen lernen können?
Vor seinem Eintritt in die Benediktinerabtei 1993 absolvierte Abt Johannes Ackert ein mehrmonatiges Praktikum im Münchener BMW-Werk. In seiner Doktorarbeit „Dienen statt herrschen“ schlug er danach eine „Lernpartnerschaft“ zwischen Klöstern und säkularen Firmen vor. Diese Idee ist bis heute nicht realisiert worden. Dabei könnten Klöster von ihren konventionellen Nachbarn nach Eckerts Einschätzung durchaus einiges abgucken.
Umgekehrt ist das Andechser Kloster auch individuelle Inspirationsquelle für Managerinnen und Manager. In Andechs kehren immer wieder Führungskräfte ein, um bei Exerzitien für ein paar Tage Abstand zu ihrer normalen Tätigkeit zu finden.
Was kann ich als Manager aus einem Kloster mitnehmen?
ACHT // Was kann ich als Manager/in aus einem Kloster mitnehmen?
Christian Rieger, kaufmännischer Leiter, wechselte von einem Münchener Verlag zu den Benediktinern. Den wesentlichen Unterschied sieht er in der Werteorientierung des Arbeitens.
Wohin geht die Reise?
NEUN // Wohin geht die Reise?Werden Werte wirklich weithin wichtiger? Oder beschäftigen wir uns nur mit ihnen, weil unsere Zeit so ratlos ist? Verändern wir unsere Art des Wirtschaftens und Arbeitens tatsächlich nachhaltig?
All das ist heute offen. Klar ist nur: Die Sehnsucht nach Orientierungspunkten ist ungebrochen. Manche Experten glauben, dass eine stärkere Wertorientierung unserer wirtschaftlichen Aktivitäten aus einem ganz einfachen Grund unausweichlich sein wird: Eigennutz. „Ein Blick auf die Skandale der letzten Jahre, sei es in der Automobilindustrie, sei es in anderen Bereichen der Wirtschaft, zeigt, wie viel Geld ein Unternehmen verbrennt, wenn es durch mangelnde Anstrengungen im Blick auf die Verwirklichung von Werten auffällig wird. Wer sich nicht um Werteorientierung bemüht, der verliert. (... )“, so Prof. Thomas Schwartz, Wirtschaftsethiker, Universität Augsburg
„Wir bewegen uns aus einer Ära der Shareholder-Value-Orientierung in jene des Shared Value, also des Wertes, den ein Unternehmen für sich und die Gesellschaft schafft.“ Prof. Alexander Brink, Universität Bayreuth
Das Kloster als Beispiel für AndereWenn es um Shared Value – das gemeinsame Arbeiten mit und für Andere – geht, führt der Weg für viele auf den Heiligen Berg.
Am Ende steht die Erkenntnis, dass Neues nicht zwangsläufig besser ist. Um den Fortschritt in Einklang mit dem Gemeinwohl zu bringen, braucht es eine Navigation, die nicht ins Unbekannte führt. Die traditionellen Werte eines Kulturkreises können in diesem Sinne auch als Koordinaten verstanden werden, um für Innovationsprozesse Richtung und Ziel zu definieren.
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Vom Mehrwert der Werte
Was tun wir eigentlich? Wofür arbeiten wir? Welchen Sinn macht unsere Arbeit abgesehen vom Geldverdienen?
„Heutzutage stellt die Generation Y die Frage nach dem ‚Warum?‘ erneut. Die meisten Unternehmen aber sind mit dieser Frage völlig überfordert. Auch an den Universitäten werden die Absolventen auf die Frage nicht vorbereitet.“
EINS // Wie gehen Unternehmen mit Werten jenseits des reinen Geldwerts um?
Heute ist die Wallfahrtskirche auf dem Heiligen Berg einer der stärksten Publikumsmagnete Bayerns.
Ohne die Einnahmen ihrer Betriebe wäre das Kloster nicht überlebensfähig.
Auf den zweiten Blick folgt dieser Betrieb einer anderen Logik. Denn die Brüder der Abtei leben, arbeiten und wirtschaften nach den Regeln des Ordensgründers Benedikts von Nursia (ca. 480–547).
ZWEI // Wie zeitgemäß sind 1500 Jahre altklösterliche Regeln heute noch?
Verfasst wurden sie vor rund 1570 Jahren. Und dennoch gelten sie manchen als hochaktuell.
DREI // Wie lebt ein klösterlich geprägtes Unternehmen seine Überzeugungen im Spannungsfeld zwischen Gegenwart und Zukunft?
Unser Ziel ist es, wie bei anderen Unternehmen auch, Gewinn zu erwirtschaften. Aber das ist bei Weitem nicht der einzige Sinn und Zweck unseres Unternehmens.
Alexander Reiss ist ihr Betriebsleiter.
Eine der wesentlichen benediktinischen Regeln lautet, den Dingen Zeit zu geben. So kann es in der Klosterbrauerei tatsächlich etwas länger dauern, bis ein Produkt neu am Markt eingeführt wird.
Selbst in der Leitwarte der Klosterbrauerei wacht ein Kruzifix über die Mitarbeiter. Spielt der Glaube im täglichen Leben der Bierbrauer tatsächlich eine spürbare Rolle?
Ein wesentlicher Unterschied zu konventionellen Betrieben besteht in den kleinen und großen Dingen, die der Andechser Klosterbetrieb nicht tut.
Ein anderes Beispiel ist der Vertrieb des Andechser Bieres.
Die Andechser gehen einen anderen Weg.
Für Andechs zahlt sich der Verzicht auf „schnellen Umsatz“ aus.
VIER // Verdient ein werteorientiertes Unternehmen eigentlich trotz oder wegen seiner Werteorientierung Geld?
„Werteorientierung steigert zwar nicht unbedingt immer die Performance eines Unternehmens, aber sie sichert es gegen Reputationsschäden und Strafen ab. Sich um die Umsetzung von Werten zu bemühen und ein Leitbild mit Leben erfüllen zu wollen, ist wie eine Art Versicherungsprämie, die einem vor einem wirtschaftlichen Totalschaden schützt.“
FÜNF // Welche Gemeinsamkeiten gibt es zwischen weltlichen Unternehmen und einem Kloster wie Andechs?
SECHS // Was lässt sich konkret aus der Benediktsregel lernen?
SIEBEN // Gibt es umgekehrt etwas, das Klöster wie die Andechser Abtei von „normalen“ Unternehmen lernen können?
ACHT // Was kann ich als Manager/in aus einem Kloster mitnehmen?
Christian Rieger, kaufmännischer Leiter, wechselte von einem Münchener Verlag zu den Benediktinern. Den wesentlichen Unterschied sieht er in der Werteorientierung des Arbeitens.
NEUN // Wohin geht die Reise?
Die Sehnsucht nach Orientierungspunkten ist ungebrochen. Manche Experten glauben, dass eine stärkere Wertorientierung unserer wirtschaftlichen Aktivitäten aus einem ganz einfachen Grund unausweichlich sein wird: Eigennutz.
Das Kloster als Beispiel für Andere
Am Ende steht die Erkenntnis, dass Neues nicht zwangsläufig besser ist. Um den Fortschritt in Einklang mit dem Gemeinwohl zu bringen, braucht es eine Navigation, die nicht ins Unbekannte führt. Die traditionellen Werte eines Kulturkreises können in diesem Sinne auch als Koordinaten verstanden werden, um für Innovationsprozesse Richtung und Ziel zu definieren.
Vom Mehrwert der Werte
Was tun wir eigentlich? Wofür arbeiten wir? Welchen Sinn macht unsere Arbeit abgesehen vom Geldverdienen?
„Heutzutage stellt die Generation Y die Frage nach dem ‚Warum?‘ erneut. Die meisten Unternehmen aber sind mit dieser Frage völlig überfordert. Auch an den Universitäten werden die Absolventen auf die Frage nicht vorbereitet.“
EINS // Wie gehen Unternehmen mit Werten jenseits des reinen Geldwerts um?
Heute ist die Wallfahrtskirche auf dem Heiligen Berg einer der stärksten Publikumsmagnete Bayerns.
Ohne die Einnahmen ihrer Betriebe wäre das Kloster nicht überlebensfähig.
Auf den zweiten Blick folgt dieser Betrieb einer anderen Logik. Denn die Brüder der Abtei leben, arbeiten und wirtschaften nach den Regeln des Ordensgründers Benedikts von Nursia (ca. 480–547).
ZWEI // Wie zeitgemäß sind 1500 Jahre altklösterliche Regeln heute noch?
Verfasst wurden sie vor rund 1570 Jahren. Und dennoch gelten sie manchen als hochaktuell.
DREI // Wie lebt ein klösterlich geprägtes Unternehmen seine Überzeugungen im Spannungsfeld zwischen Gegenwart und Zukunft?
Unser Ziel ist es, wie bei anderen Unternehmen auch, Gewinn zu erwirtschaften. Aber das ist bei Weitem nicht der einzige Sinn und Zweck unseres Unternehmens.
Alexander Reiss ist ihr Betriebsleiter.
Eine der wesentlichen benediktinischen Regeln lautet, den Dingen Zeit zu geben. So kann es in der Klosterbrauerei tatsächlich etwas länger dauern, bis ein Produkt neu am Markt eingeführt wird.
Selbst in der Leitwarte der Klosterbrauerei wacht ein Kruzifix über die Mitarbeiter. Spielt der Glaube im täglichen Leben der Bierbrauer tatsächlich eine spürbare Rolle?
Ein wesentlicher Unterschied zu konventionellen Betrieben besteht in den kleinen und großen Dingen, die der Andechser Klosterbetrieb nicht tut.
Ein anderes Beispiel ist der Vertrieb des Andechser Bieres.
Die Andechser gehen einen anderen Weg.
Für Andechs zahlt sich der Verzicht auf „schnellen Umsatz“ aus.
VIER // Verdient ein werteorientiertes Unternehmen eigentlich trotz oder wegen seiner Werteorientierung Geld?
„Werteorientierung steigert zwar nicht unbedingt immer die Performance eines Unternehmens, aber sie sichert es gegen Reputationsschäden und Strafen ab. Sich um die Umsetzung von Werten zu bemühen und ein Leitbild mit Leben erfüllen zu wollen, ist wie eine Art Versicherungsprämie, die einem vor einem wirtschaftlichen Totalschaden schützt.“
FÜNF // Welche Gemeinsamkeiten gibt es zwischen weltlichen Unternehmen und einem Kloster wie Andechs?
SECHS // Was lässt sich konkret aus der Benediktsregel lernen?
SIEBEN // Gibt es umgekehrt etwas, das Klöster wie die Andechser Abtei von „normalen“ Unternehmen lernen können?
ACHT // Was kann ich als Manager/in aus einem Kloster mitnehmen?
Christian Rieger, kaufmännischer Leiter, wechselte von einem Münchener Verlag zu den Benediktinern. Den wesentlichen Unterschied sieht er in der Werteorientierung des Arbeitens.
NEUN // Wohin geht die Reise?
Die Sehnsucht nach Orientierungspunkten ist ungebrochen. Manche Experten glauben, dass eine stärkere Wertorientierung unserer wirtschaftlichen Aktivitäten aus einem ganz einfachen Grund unausweichlich sein wird: Eigennutz.
Das Kloster als Beispiel für Andere
Am Ende steht die Erkenntnis, dass Neues nicht zwangsläufig besser ist. Um den Fortschritt in Einklang mit dem Gemeinwohl zu bringen, braucht es eine Navigation, die nicht ins Unbekannte führt. Die traditionellen Werte eines Kulturkreises können in diesem Sinne auch als Koordinaten verstanden werden, um für Innovationsprozesse Richtung und Ziel zu definieren.
