Abenteuer Excellence

ABENTEUER EXCELLENCE

Nathalie Chee

Jürgen Klinsmann

Dr. med. Schahriar Salehi-Gilani

Excellence beginnt mit dem Wunsch, zu begeistern und nach Perfektion zu streben.

Mich motiviert vor allem der Drang nach Erfolg. Ich war immer Stürmer und ich war nie der Talentierteste. Deshalb gehe ich auch als Trainer alle Aufgaben offensiv und optimistisch, vor allem aber auch mit großem Siegeswillen an. Neben dem tabellarischen Erfolg zählt als Trainer natürlich auch die Weiterentwicklung. Das ist ganz sicher die weitere wichtige Komponente: Wir arbeiten, wir trainieren, um uns zu verbessern. Das ist der Sinn unseres Tuns. Das hängt in der Konsequenz nicht immer direkt mit dem unmittelbaren Resultat zusammen. Aber als Trainer muss ich immer die Balance zwischen Weiterentwicklung und Ergebnis haben.

In der Kinderherzchirurgie haben Fehler besonders gravierende Folgen. Deswegen muss man immer bestrebt sein, sein Bestes zu geben. Dabei gilt: Weniger ist mehr. Das ist in der Chirurgie, insbesondere in der Kinderherzchirurgie, ganz wesentlich. Man darf nicht nur die ‚perfekte‘ Operation im Blick haben, sondern muss auch die Folgen für den Patienten bedenken.

Zu spüren, wie meine Musik das Publikum berührt, motiviert mich, noch besser zu werden. Es gibt sehr viele gute Musiker, die technisch alle exzellent sind. Aber was die Musik ausmacht, was das Publikum berührt, das ist nicht die Technik, sondern die Liebe, die Leidenschaft, die man in die Musik legt.

Excellence beruht auf kontinuierlicher Verbesserung. Und das heißt auch: auf Einsatzbereitschaft und Disziplin sowie auf der geduldigen Einübung spezieller Fähigkeiten.

Ich habe inzwischen über 6.000 Herzoperationen durchgeführt. Die Herausforderung ist es, trotzdem die Arbeit nicht zur Routine werden zu lassen, sich trotzdem stets verbessern zu wollen.

Man kann alles richtig machen, neue Prozesse einführen, neue Wege gehen – und aufgrund von nicht planbaren Unzulänglichkeiten trotzdem das Spiel verlieren. Ich bin aber überzeugt, dass man ohne diese Prozesse, ohne die kontinuierliche Verbesserung keinen dauerhaften Erfolg haben kann.

Die besten Musiker, die wirklich die Spitze erreichen, sind diejenigen, die nie aufhören an sich selbst zu zweifeln und bescheiden bleiben.

Erfahrung zu sammeln, ist Voraussetzung, um sich verbessern zu können: Sie bietet Orientierung in kritischen Situationen.

Zwischen dem 20. und dem 40. Lebensjahr hat man in der Regel seine Technik, sein handwerkliches Geschick perfektioniert. Aber Musik ist nicht nur ein Handwerk, sondern hat auch mit Gefühlen zu tun, damit, sich selbst mitzuteilen und andere Menschen zu erreichen – und das bietet ein unerschöpfliches Verbesserungspotenzial.

Die Zeiten, in denen "haben wir doch immer so gemacht" die Basis des Handelns war, sind vorbei. Ohne Innovation, ohne neue Ansätze kann es keine Verbesserung geben. Es ist eine der wichtigen Aufgaben der Führungskräfte, aus der Fülle der neuen Möglichkeiten die wichtigen herauszufiltern. Man wird überfrachtet mit Daten, Einschätzungen, Vergleichen – und man muss sich für die Möglichkeiten entscheiden, die für das Team und das Ziel am wirksamsten sind.

Excellence braucht Wegbereiter, braucht Menschen, die Orientierung geben können und an denen man wachsen kann.

Es gibt nicht den einen, den perfekten Lehrer. Jeder muss seinen eigenen Lehrer finden. Ich hatte das Glück einen Lehrer gefunden zu haben, bei dem die Lehre seine Berufung, seine Leidenschaft war.

Ich glaube nicht, dass es dieses eine Vorbild geben sollte. Und der Begriff ‚Vorbild’ ist vielleicht auch nicht mehr ganz zeitgemäß im Sinne einer Person, sondern eher im Sinne von Handlungen. Ich halte es für wichtig, dass man mit offenen Augen durchs Leben geht, die Dinge bewertet und dann gegebenenfalls auch umsetzt. Ich habe unter Weltklassetrainern wie César Luis Menotti, Franz Beckenbauer, Giovanni Trappattoni, Osvaldo Ardiles, Otto Rehhagel oder Arsène Wenger gespielt. Von jedem habe ich etwas übernommen und bei jedem habe ich mal gedacht: "Wenn du mal Trainer wirst, machst du das aber anders".

Man benötigt immer mehrere Ausbilder, die einem verschiedene Operationstechniken und Herangehensweisen beibringen. So kann man sich die Technik aussuchen, die einem am besten liegt und dann seinen eigenen Stil entwickeln.

Excellence setzt die Bereitschaft voraus, sich einem Projekt zu verschreiben und ihm treu zu bleiben, allen Hindernissen zum Trotz. Kontinuierliche Verbesserung erreichen wir nicht, indem wir auf dem einfachen, geraden Weg weiterlaufen – und sei es auch noch so schnell. Bloße Optimierung ist nicht optimal. Im Gegenteil zeigt sich Excellence gerade darin, dass Umwege in Kauf genommen, Gratwanderungen gemeistert, Grenzen überschritten und Rückschläge verarbeitet werden. Echte Lernprozesse sind Grenzgänge, die uns mit dem möglichen Scheitern konfrontieren und uns das Beste abverlangen.

Rückschläge muss man im Sport ganz viele wegstecken. Man kann aber nicht nach ein paar Rückschlägen alles wieder ändern. Wenn man von einem Weg überzeugt ist, darf man nicht so schnell den Glauben verlieren. Man nimmt die Spieler ja mit auf den Weg – und wenn der Trainer nach dem ersten Misserfolg oder der ersten Kritik umfällt, ist das auch schnell eine Art von Führungsschwäche.

Als Musiker muss man lernen, mit dem Scheitern umzugehen, dann kann man an den eigenen Fehlern wachsen. Gleichzeitig ist die Angst vor Fehlern – also die Angst vor der Angst – die größte Herausforderung, mit der man lernen muss umzugehen.

Excellence ist eine Gratwanderung zwischen der Perfektionierung der technischen Abläufe und der Notwendigkeit, dennoch das große Ganze im Blick zu haben.

Die elementare Voraussetzung für Excellence ist ganz sicher, alle Möglichkeiten auszuschöpfen. Wenn dabei Grenzen überschritten werden, darf dies kein Hinderungsgrund sein und am fehlenden Mut darf es ohnehin nie scheitern.

Manchmal muss man Grenzen überschreiten, um zu besseren Lösungen zu kommen. Das kann man sich aber nicht vornehmen, sondern das passiert einfach aus dem Tun heraus.

Excellente Ergebnisse: nur im Team!

In einem Orchester spielen viele gute Musiker zusammen, die alle ihr Instrument beherrschen. Das Zusammenspiel ist aber nur dann gut, wenn sich alle in die Gruppe einfügen und eine Stimmung der gegenseitigen Wertschätzung vorhanden ist. Dies ist auch hörbar. Und nur so kann eine Stufe erreicht werden, die über das hinausgeht, was man als sehr gut bezeichnet.

"It needs a team to build a dream." – das war einer unserer Leitsätze, die wir 2006 bei der WM in Deutschland in den Kabinen und in den Hotels in unseren Räumlichkeiten plakativ präsentiert haben. Natürlich gibt es auch Solisten bzw. Einzelsportler beispielsweise in der Leichtathletik – aber auch die erreichen ihre Ziele nur, wenn sie ein Team hinter sich haben, das sie unterstützt. Im Team macht es nebenbei bemerkt auch viel mehr Freude, Erfolge zu feiern und es ist weitaus erträglicher, Niederlagen zu verarbeiten.

Ich habe in Deutschland, Italien, Frankreich und England Fußball gespielt und lebe seit 1998 in den USA. Mir war immer wichtig, die Mentalität dieser Menschen zu kennen um auch ihr Handeln einzuschätzen. Als Fußballer und als Trainer ist man nie allein auf dem Spielfeld, nie allein in seinem Handeln.

Es geht nichts über selbstständig denkende Teammitglieder. Dies birgt aber auch die Herausforderung, dass man als verantwortlicher Chirurg einen Umgang mit Einwänden finden muss – in einer Situation, in der man nicht zweifeln darf. Excellence bei einer Operation kann es nur im Team geben – aber es braucht einen Dirigenten!

Bei aller nötigen Ernsthaftigkeit und Zielstrebigkeit bewahrt sich Excellence jedoch immer die Leichtigkeit und Frische der Jugend – sie besteht im Wechselspiel aus bahnbrechender Innovation und ruhiger, konzentrierter Arbeit, aus Begeisterung und Gelassenheit. Excellence bedeutet Freude am Tun.

Die Freude am Tun ist das Entscheidende. Ohne sie ist Excellence unmöglich.

Nur eine positive Herangehensweise kann die Kräfte freisetzen, die man braucht, um Excellence auch umzusetzen.

Als ich vier Jahre alt war, habe ich meiner Mutter gegenüber über ein Jahr lang immer wieder den Wunsch geäußert, dass ich Geige spielen möchte – bis sie es mir schließlich erlaubt hat. Dann habe ich jeden Tag geübt. Das Geigespielen war für mich nie eine Überwindung, im Gegenteil, es hat mich seitdem getragen.

Die Herausforderungen einer neuen Epoche kann man nur meistern, wenn man sich die Freude am Aufbruch bewahrt und konsequent seinen Weg geht. Wahre Excellence besteht darin, zu erkennen, dass das Abenteuer nie endet.